Bürgergeld: Grundsicherung mit neuem Anstrich

Was für wen?

Unter dem Namen Bürgergeld wurde in Deutschland 2023 eine neue Form der Grundsicherung eingeführt, um Menschen, insbesondere Familien, mit keinem oder geringen Einkommen in Zeiten der Not zumindest einen kleinen Schutz bieten soll. Das bedeutet, dass zum Beispiel kurz nach Jobverlust zunächst noch die Kosten für die bisherige Wohnung samt Beheizung übernommen werden, damit sich Betroffene in erster Linie auf die Suche nach einem neuen Job und nicht der nach einer neuen Bleibe konzentrieren können. Außerdem werden, wie beim Vorgänger Hartz IV, auch Aus- und Weiterbildungskosten mit kleinen Zuschlägen von z.B. 75€ etc. unterstützt. Wer mehr braucht, kann, je nach Situation, auch ggf. die ca. 150€ Weiterbildungsgeld in Anspruch nehmen, um sich für den Arbeitsmarkt attraktiver zu machen. Wie gut oder schlecht diese Angebote funktionieren, was sie letztlich beinhalten und wie sinnvoll sie für eine langfristige Wiedereingliederung sind, soll – zumindest diesmal – nicht im Vordergrund stehen. Konzentrieren wir uns stattdessen darauf, worauf sich Bedürftige – und Empfänger:innen – grundsätzlich einstellen können.

Zunächst einmal vorweg: Alleinerziehende erhalten rund 563€ im Monat, Paare oder Bedarfsgemeinschaften dagegen rund 506€ pro Person und Volljährige in Einrichtungen (z.B. Jugendhäuser, Wohngruppen etc.) rund 451€. Bei jüngerem Nachwuchs richtet sich die Höhe der Förderung jeweils nach dem Alter des Kindes: Bis zum fünften Lebensjahr beträgt das Bürgergeld hier 357€, für 6- bis 13-Jährige dann 390€ und für 14- bis 17-Jährige 471€ im Monat. Unter Umständen kann hier außerdem noch der Kindersofortzuschlag von rund 20€ fällig werden.

Wer Kinder hat, weiß aber wahrscheinlich, dass die Summe, so verlockend sie auf dem Papier vielleicht auch klingen mag, in Wahrheit nicht sonderlich lange anhält. Kinder brauchen Kleidung, Schulausrüstung, Bücher, Geld für Ausflüge usw. und das das ganze Jahr hindurch, weil sich am laufenden Bande irgendetwas abnutzt, kaputt geht oder letztlich zu klein wird. Daher können Empfänger:innen des Bürgergelds für ihre Kids zudem auf das Bildungspaket bzw. die Leistungen für “Bildung und Teilhabe” Anspruch erheben, um den knappen Geldbeutel etwas zu schonen. Was genau das beinhaltet und welche Voraussetzungen damit verbunden sind, haben wir für euch hier bereits in zwei anderen Blog-Beiträgen (Bildungspaket I + II) zusammengefasst.

Keine Hilfe für alle?

Grundsätzlich gilt: Wer sich für diese Förderleistung qualifizieren möchte, muss erwerbsfähig sein. Für körperlich, geistig oder anderweitig eingeschränkte bzw. an der vollen Erwerbsfähigkeit verhinderte Personen gibt es andere Leistungen wie die Invalidenrente usw.

Außerdem richtet sich die Hilfe nur an Personen, die nichts oder nicht genug verdienen, um damit ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. In Sachen Einkommen bedeutet das, dass pro Monat max. 100€ verdient werden dürfen, ohne mit Abzügen rechnen zu müssen. Bis 520€ werden nur ca. 20% nicht auf das Bürgergeld angerechnet und bis 1000€ sind es in etwa 30%. Insgesamt darf das Einkommen dann aber monatlich nicht über 1.200€ gehen bzw. 1.500€, falls Kinder im Haushalt sind.

Wer als Elternteil oder Sorgeberechtige(r) feststellt, dass sich das Bürgergeld so kaum oder gar nicht lohnen würde, um irgendwie über die Runden zu kommen, kann es vielleicht mit dem Kinderzuschlag versuchen, der für diejenigen ist, die trotz gewissem Mindesteinkommen Unterstützung bräuchten.

Wer dagegen besorgt ist, dass der eigene Nachwuchs keine Arbeitserfahrungen sammeln dürfte, ohne, dass es direkt vom Bürgergeld abgezogen werden würde, kann aufatmen: Zumindest bis zur Minijob-Grenze sind Schulkinder, Azubis und Studierende von den Einkommensbeschränkungen befreit – und Ferienjobs werden, unabhängig von der Einkommenshöhe, gar nicht erst mit eingerechnet.

Addierende Abzüge

Erwähnt werden sollte aber auch, dass nicht nur für zu hohe Nebenverdienste, sondern auch für sogenannte “Pflichtverletzungen” wie beispielsweise die Ablehnung eines vom Arbeitsamt als zumutbar eingestuften Arbeitsangebotes bereits Abzüge geben kann. Entscheidet man sich also beispielsweise gegen eine Bewerbung für Stelle XY, wird das Bürgergeld für einen ganzen Monat um 10% gekürzt. Und diese Strafabzüge addieren sich stufenweise hoch: Für die zweite Verletzung gibt es zwei Monate lang 20% Abzug, bei der dritten dann 30% für drei Monate usw.

Kleiner Lichtblick: Jugendliche erhalten – unabhängig von der Anzahl der Fehltritte – maximal 10% Abzug. Und die Übernahme der Wohnkosten bleibt ebenfalls für alle Empfängerinnen von den Strafmaßnahmen unberührt.

Kein Antrag ohne Ansprache

Wie schon bei Hartz IV ist dafür das Arbeitsamt zuständig, dass ja schließlich auch für die Betreuung während der wahrscheinlich parallel laufenden Jobsuche zuständig ist. Für den Antrag selbst sollten Kopien des Personalausweises oder Reisepasses eingereicht werden, sowie aktuelle Einkommens- und Vermögensnachweise, z.B. in Form aktueller Kontoauszüge, Gehaltsabrechnungen, Kindergeldbescheinigung usw. Darüber hinaus werden in der Regel auch Unterlagen zur den Miet- und Heizkosten verlangt – eine simple Kopie des Mietvertrags mit Auflistung der Heiz- und weiteren Nebenkosten kann hier aber bereits ausreichen. Je nach Amt kann es jedoch vorkommen, dass für Miete, Einkommen und Co. separate Dokumente ausgefüllt und eingereicht werden müssen.

Außerdem erfolgt nach jeder Antragsstellung ein Gespräch über die weitere berufliche Zukunft. Da dafür das sogenannte “Arbeitsmarktprofil” mit den Eckdaten über bisherige Jobs und Qualifikationen etc. eingereicht werden muss, kann es nicht schaden, dieses Dokument daher ebenfalls so früh wie möglich auszufüllen und parat zu halten.

Grundsätzlich gilt also: Da die Antragsstellung etwas komplexer ist, sollte man sich hierfür am besten etwas Zeit einräumen und sie vor allem so früh wie möglich über die Bühne bringen – denn die Bearbeitung kann auch etwas dauern!